Die Umwandlung des Präsenzunterrichts hin zu Unterricht auf Distanz oder zu Unterricht in hybriden Szenarien stellt Schulen vor allerhand Herausforderungen. Teile des Unterrichtes finden nun beispielsweise online mittels Videokonferenz in verschiedenen Tools statt. Dieser Einsatz erfordert neben den technischen Voraussetzungen und Kenntnissen auch Wissen um die rechtlichen Rahmenbedingungen und Kompetenzen im sozialen Miteinander. Dies gilt sowohl für Lehrkräfte als auch für Schülerinnen und Schüler. Im Folgenden möchten wir hier daher auf mögliche Probleme bei der Nutzung von Videokonferenzen und die resultierenden Folgen aufmerksam machen.

Anwesenheit fremder Personen

Die Anwesenheit von Personen, die nicht zum eigentlichen Adressatenkreis des schulischen Bildungsauftrags gehören, ist vergleichbar zum Präsenzunterricht auch im Videounterricht nicht zulässig. Dies gilt bspw. auch für Eltern von Schülerinnen und Schülern. Diese dürfen nur nach vorheriger Absprache mit den Lehrerinnen und Lehrern an einzelnen Unterrichtsstunden ihrer Kinder teilnehmen.
Grundsätzlich lassen sich in den meisten Videokonferenztools von den Einladenden verschiedene Beschränkungen für die Rechte der Teilnehmenden festlegen.
In unserem Blogbeitrag zum Videokonferenztool BigBLueButton haben wir bereits entsprechende Empfehlungen für den praktischen Umgang mit unzulässigen Konferenzteilnehmenden gegeben.

Aufzeichnungen des Unterrichts

Aufzeichnungen des Unterrichts sind auch im Rahmen des digitalen Distanzunterrichts nicht zulässig. Wenn Teilnehmende Video- oder Audio-Aufzeichnungen des Unterrichts anfertigen und diese bspw. anschließend über Social-Media-Kanäle verbreiten, kann dies ordnungsrechtliche oder strafrechtliche sowie zivilrechtliche Konsequenzen auslösen. Dabei können folgende Straftatbestände zum Tragen kommen:

  • Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§201 StGB)
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen (§201a StGB)
  • Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22,33 KunstUrhG)

Konsequenzen

Schulen haben neben pädagogischen Einflussmöglichkeit auch die Möglichkeit mit im Schulgesetz NRW in § 53 geregelten Maßnahmen entsprechend auf Schülerinnen und Schüler einzuwirken. Besteht jedoch der Verdacht der Begehung einer Straftat, so muss die Schulleitung in der Regel die Polizei oder Staatsanwaltschaft informieren. Dies ist im Jugendkriminalitätserlass vom 19.11.2019, BASS 18-03 Nr. 1 geregelt und erfolgt unabhängig vom Alter der Schülerin oder des Schülers. Denn auch, wenn das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet wurde und Kinder somit strafrechtlich als schuldunfähig gelten, kann ein Strafverfahren eingeleitet werden.
Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche können sogar bereits mit Vollendung des siebten Lebensjahres entstehen.

Empfehlungen und praktische Tipps?

Im Rahmen der Medienkompetenzförderung ist es daher wichtig, dass alle Nutzenden von Videokonferenztools – Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern – über die rechtliche Tragweite ihres Handelns aufgeklärt werden und die Bedeutung von missbräuchlicher Nutzung von Video- und Audiokonferenzen kennen.

Nutzungsvereinbarung

Schulen, die sich für den Einsatz von Video- und Audiokonferenzsystemen entscheiden, sollen grundsätzlich mit den Schülerinnen und Schülern bzw. deren Erziehungsberechtigten eine entsprechende Nutzungsvereinbarung treffen.

Raumlinks und Passwörter

Die Links zu Videokonferenz-Räumen sollten nach Möglichkeit regelmäßig erneuert werden. Zusätzlich können bspw. im Konferenztool BigBlueButton die Räume durch ein (wechselndes) Passwort geschützt werden.

Rechte einschränken

In einer laufenden Konferenz kann man in der Regel als Administrator oder Moderator der Sitzung die Teilnehmerrechte einschränken und somit verhindern, dass Schülerinnen und Schüler im Chat oder den geteilten Nachrichten Unsinn machen. Hierzu gibt es ein Tutorial für das Tool BigBlueButton

Beweise sichern

Verfasst jemand in den geteilten Notizen Beleidigungen o.ä., kann man ermitteln, wer die entsprechenden Passagen geschrieben hat. Dies zeigt dieses Video-Tutorial.
Falls es während einer Videokonferenz zu einem Vorfall kommt, sollten Lehrkräfte sofort Screenshots der Beleidigungen machen und diese als Beweismittel mit zusätzlichen Angaben wie Datum, Zeit und Namen der Betroffenen Personen sichern.